Die Magie der Bäume
„Thue deine Augen auf und gehe zu einem Baum, und siehe denselben an,
und besinne dich.” – Jakob Böhme
Die Magie der Bäume ist mit Worten schwer zu fassen. Botanisch betrachtet ist ein Baum ein Gehölz mit einer Terminale. Sie unterscheiden sich in Gattung, Art und Sorte, ihrem Habitus, ihren Blättern, Nadeln, Früchten und deren Form und Farbe. Ihr Zauber liegt in ihrer Größe, ihrer Beständigkeit und ihrer vielfältigen Schönheit. Sie sind Kraftwerke, die nach Licht, Luft und Raum in den Himmel streben. Die Energie und die Stabilität dafür ziehen sie aus dem Boden. Ihre starken Wurzeln brauchen genau so viel Raum unter der Erde, wie ihre Krone überirdisch braucht. Ein Baum zieht Wasser, Sauerstoff und Mineralstoffe über die Wurzeln aus dem Boden, die Borke des Stammes dient ebenso der Aufnahme von Sauerstoff, sowie der Abgabe von Kohlendioxid und dient als Schutz des Holzes. Im Stamm werden durch den Bastteil Assimilate von den Blättern zu den Wurzeln transportiert und eingelagert. Im Splintholz werden hauptsächlich Wasser und Mineralstoffe von den Wurzeln bis zu den Blättern transportiert. Die Geschwindigkeit des Transports beträgt bei einem Laubbaum 6 bis 40 Meter pro Stunde. Die Blätter dienen der Aufnahme der Lichtenergie, der Produktion von Kohlenwasserstoffverbindungen und Sauerstoff und der Aufnahme von Kohlendioxid und Sauerstoff, sowie der Abgabe von Wasserdampf und Sauerstoff. Eine alte Buche kann so zum Beispiel 1,7 Kilogramm Sauerstoff pro Stunde produzieren – damit können 50 Menschen eine Stunde lang atmen. Durch die Speicherung des Kohlenstoffes tragen Bäume zum Klimaschutz bei. Außerdem filtern sie Feinstaub aus der Luft. Die Blätter verlangsamen lokal den Luftstrom; daraufhin lagert sich der Feinstaub an den Bäumen ab und wird vom Regen in den Boden gespült. Bäume arbeiten und ruhen in einem bestimmten Rhythmus, richten sich nach der Sonne und dem Mond.
Unsere Laubbäume zeigen uns die Jahreszeiten an und ihren Verlauf. Wir können im Frühling die neuen Triebe beobachten, das frische Grün, das sich Öffnen der Knospen. Die zarten Farben der Blüten sehen und ihren Duft wahrnehmen. Im Sommer bieten die Blätter Schatten und Abkühlung, ein fast geschlossenes Blätterdach einer Buche, kann selbst vor lauem Regen schützen. Der Duft wird schwerer, das Grün wird satter, der Baum arbeitet auf Hochtouren, nimmt Licht, Wasser und Nährstoffe auf und speichert alles ein. Er wächst nach oben, nach unten, verstärkt sein Gerüst und bildet Früchte aus. Die Früchte wachsen und fallen, bieten Tieren und uns Nahrung. Ihre Samen bergen neue Bäume. Im Herbst verfärben sich die Blätter, werden trocken und fallen herab, um eine schützende Decke über den Wurzeln und dem Boden auszubreiten. Der ganze Baum und seine Produkte, speichern Stoffe und Energie, die sich durch die Verrotung wieder in ihre Ursprungsstoffe zurück verwandeln und die entstehende Energie dabei, birgt neues Leben. Im Winter ruhen die Bäume, uns bleibt das Betrachten ihres starken Holzkörpers und die Erwartung des nächsten Frühlings.
Die Magie der Bäume liegt auch in ihrem Alter, manche von ihnen sind hunderte von Jahren gewachsen. Dabei haben sie eine beständige Überlebensstrategie und ein großes Anpassungsvermögen. Diese Eigenschaften sind je nach Baumart, unterschiedlich ausgeprägt. Die wenigsten von ihnen haben einen idealen Standort an dem sie sich ihrem Habitus entsprechend ausbreiten können. Im Wald wartet der Unterwuchs Jahrzehnte bis er durch den Fall eines Baumes, Platz hat, um zu wachsen. In der Stadt sind Häuser und Straßen im Weg und Bodensubstrate ungenügend. Die anthropogenen Mischböden sind stark alkalisch, und haben durch die Verdichtung ein geringes Porenvolumen, dies erschwert ein ausreichendes Wurzelwachstum des Baumes und somit die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen. Der Boden enthält meist zu wenig Sauerstoff, ist nährstoffarm und oft zu salzhaltig. Der geringe Wurzelraum erschwert den festen Stand. Trotzdem, etablieren sich die Überlebenskünstler, entdecken überirdische und unterirdische Lücken, erobern sich Platz, oft schief und krumm und mit Vitalitätseinbußen, um zu überleben. Bäume wirken Pathogenen entgegen, halten sich an Hängen fest, trotzen Überflutungen und heilen ihre Verletzungen selbst. Dabei beeindrucken sie durch ihre Schönheit und ihre Größe.
Selbst wenn sie fallen gewinnen wir einen nachwachsenden Rohstoff, der uns zum Bauen und zur Energiegewinnung dient.